20 Jahre Dynamo Bortshausen

Liebes Pelongton,

20 Jahre Dynamo sind ein hinreichender Grund die lose Ansammlung multi-begabter Beinarbeiter in die Inspektion zu bringen.

Gestartet sind wir mit Miguel Indurain und Bjarne Ries. Ulle war 22 und durfte noch nicht gewinnen. Epo hat er wohl schon damals genommen.
Wir nicht! Wir waren sieben – mehr  haben sich nicht gefunden. Weniger hätten es für eine Vereinsgründung auch nicht sein dürfen. Unser erster Präsident hieß Rudolf und sagte nicht viel.


Er fuhr auch wenig Rad, aber er war bereit Dynamo in aller Öffentlichkeit zu vertreten. Gefahren sind wir mit Stahl – 10 kg. war leicht. Viele fuhren noch mit Unterrohr-Schalthebeln, Reifenbreite 20mm und Baumwoll T-Shirts. Die Hausrunde war 40km lang, jeden Mittwoch mit Schweineberg am Anfang.

1998 die erste Tour nach Frankreich. Rudolf fuhr den Bus und schwieg. Schon damals machte jeder was er wollte. Bereits nach 200m erster Platten und unwilliges Warten am Straßenrand. Neu für uns: Hungerast. Hatten wir auf unserer Hausrunde nicht. In den Bergen schon, so dass blaugelaufene Radfahrer psychologisch betreut werden mussten.


Immer noch Stahl – kein Carbon, aber anderes Körpergewicht… Wahrscheinlich wegen der rasierten Beine. Die Wolle in der Badewanne waren geschätzte 25 kg.

Anfang des neuen Jahrtausends emanzipiert sich die Gruppe von den Fremdsportarten. Wir fahren zweimal die Woche, haben unseren Dress perfektioniert und die Technik wird zum Männerspielzeug.


Alu ist Standard – wir sind bei 9 Kilo. Das Systemgewicht war so niedrig wie vorher und nachher nicht mehr. Die Vereins-Meisterschaften waren legendär und ausreichender Erzählstoff für die nächsten Monate.


In den Bergen gutes Bild mit Masseur und Friseurin. Andere Vereine waren neidisch.


Gesamtzustand – Halbprofitum mit Tendenz zum spätpubertärem Enthusiasmus.


Und Ulle: zu dick

Zum 10 Jährigen schwillt der Verein auf über 40. Sowohl von der Menge als auch vom Durchschnittsalter. Die Marburger Akademie entdeckt die Speichensportgruppe für sich und bevölkert in Massen. Das Ergebnis: Die Konversation wird anspruchsvoller, das fahren langsamer. Aus einem bübischen Jugendbündnis ist ein erwachsener Tretsportverein für perspektivlose Midlife Typen geworden.


Die Ausstattung perfekt. Der Dress wird zunehmend einheitlich und erste Ausfahrten in einem Peloton mit 20. Das Systemgewicht lässt altersgemäß nach – trotz Carbon.

Jetzt sind wir 20. Die Aufregung hat sich gelegt und Routine strotzt aus dem Feld. Nicht vom Fahren, sondern von der Ausstrahlung. Die Entfernungen werden immer länger.


Die Not zu Hause muss groß sein. Den Hintern des Vordermanns erkennt man trotz Sehschwäche. Bei jedem knackt was – immer seltener ist das Rad. Nach Carbon ist technisch nichts mehr zu holen. Nötig aber Ergonomieberatung und gepolstertes Lenkerband. Die Knochen unverändert, aber nicht mehr so beweglich. Der Geist auch.


Erstmals über 60 Mitglieder und so hübsch wie nie.

Was hält uns in Wahrheit zusammen? Ganz ehrlich? Energieriegel?

Armlinge?

Oder der Ortssprint?


Ich glaube es ist die Freude an der gemeinsamen Aussicht. Das Marburger Umland. Die Abendsonne in den Feldern und die rauschende Abfahrt an der kalten Hand im schwarzen Sack.


Es ist die gemeinsame Heimat, die gemeinsamen Kilometer und die vielen gemeinsamen Stunden, die wir am Arsch des Vordermanns verbringen.

Weiter so Dynamo!

Bilder von der 20 Jahr Feier im Alten Bahnhof in Gemünden / Wohra